IRIS

Infrarotmesstechnik zur In-Line-Inspektion für gekapselte Siliziumbauelemente (IRIS)

Photonische Prozessketten – eine neue Epoche in der Produktion

Im internationalen Wettbewerb nimmt der Druck sowohl auf den Produktionsstandort Deutschland als auch auf Deutschland als Fabrikausrüster der Welt zu. Kurze Produktzyklen und hoher Variantenreichtum lassen die industrielle Produktion immer dynamischer und komplexer werden. Moderne, wettbewerbsfähige Produktionsprozesse müssen flexibel und energieeffizient sein. Die Kennzeichen der zukünftigen Form der Industrieproduktion sind die starke Individualisierung der Produkte unter den Bedingungen einer hoch flexibilisierten (Großserien-) Produktion, die weitgehende Integration von Kunden und Geschäftspartnern in Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse und die Verkopplung von Produktion und hochwertigen Dienstleistungen, die in sogenannten hybriden Produkten mündet. Die berührungsfreien, hochflexiblen und verschleißfrei arbeitenden Prüf- und Fertigungsverfahren der Photonik besitzen ein immenses Potenzial, wenn es darum geht, den zukünftigen Anforderungen an Produktionsprozesse zu entsprechen. Photonik und Werkstofftechnologien sind Schlüsseltechnologien für die Sicherung der Führungsrolle Deutschlands als Fabrikausrüster der Welt durch die Entwicklung intelligenter Produktionstechnik. Gleichzeitig eröffnen sie auch neue Perspektiven für den Produktionsstandort Deutschland.

Unter dem Begriff "Photonische Prozessketten" möchte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die intelligente Verkettung photonbasierter Fertigungsprozesse mit vor- und nachgelagerten Produktplanungsprozessen zur flexiblen Fertigung individualisierter oder komplexer Produkte vorantreiben. Für die Forschungsarbeiten in insgesamt 14 Verbundprojekten werden im Rahmen der BMBF-Programme „Photonik Forschung Deutschland“ und „Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft – WING“ insgesamt knapp 35 Mio. € zur Verfügung gestellt.

Mit der Photonik durch Wände sehen

Es ist Nacht, regnet und die Fahrbahn ist nass. Ein kleiner Moment der Unaufmerksamkeit und der Wagen kommt in einer engen Kurve ins Rutschen. In Sekundenbruchteilen registriert das ESP-System des Fahrzeugs die kritische Fahrsituation und verhindert durch gezieltes Abbremsen der einzelnen Räder ein Ausbrechen des Fahrzeugs. Statt eines schweren Unfalls nur ein Schreck in der Abendstunde.

Möglich machen diese Technologie, die wahrscheinlich schon tausende von Unfällen verhindert hat, winzige Beschleunigungssensoren, die Gierraten und Querbeschleunigungen schnell und hochgenau messen können. Diese sog. MEMS – Micro-Electro-Mechanical - Sensors, werden inzwischen millionenfach produziert und in Fahrzeuge, Messgeräte, Smartphones und viele andere Geräte eingebaut. Die Bedeutung dieser Sensoren wird in Zukunft noch weiter steigen. Der weltweite Umsatz für diese Systeme betrug im Jahr 2011 etwa 10 Milliarden US-Dollar und wird nach aktuellen Schätzungen im Jahr 2017 auf einen Umsatz von ca. 20 Milliarden US-Dollar steigen. Bei der Herstellung dieser teilweise sehr komplexen Bauteile ist das sog. Packaging, bei dem die MEMS mit einer Siliziumabdeckung versehen werden ein kritischer Prozess. Durch Verspannungen des Bauteils, die durch das Packaging in die Struktur eingebracht werden, kann die Funktionsfähigkeit der Bauteile erheblich bis hin zum Totalausfall beeinträchtigt werden. Eine Prüfung der Funktion des Bauteils ist in diesem Zustand kaum möglich, da Prüfkontakte durch die Abdeckung nicht mehr zugänglich sind.

Das Konsortium im Verbundprojekt IRIS, bestehend aus Forschern, Messgeräte- und MEMS-Herstellern, hat sich zusammengefunden, um die technologischen Grundlagen für ein neuartiges, berührungslos arbeitendes Messverfahren zu erforschen, mit dem die Funktion der MEMS-Bauteile und deren Struktur durch die Siliziumabdeckung hindurch überprüft werden kann. Um die Funktion eines MEMS zu überprüfen, soll die Sensorstruktur des Bauteils mit Laserlicht zu Schwingungen angeregt werden. Diese Schwingungen werden dann mit einem Interferometer, das mit kurzkohärenter Strahlung arbeitet, hochgenau vermessen. Dabei können im Idealfall Auslenkungen im Picometerbereich, d.h. dem Milliardsten Teil eines Millimeters, registriert werden. Die Verwendung kurzkohärenter Strahlung hat den Vorteil, dass die Siliziumabdeckung kein Signal liefert, während die darunterliegende Siliziumstruktur des Bauteils genau vermessen werden kann. Mit diesem Verfahren ist es also möglich quasi durch die Wand der Siliziumabdeckung hindurch zu sehen.

Wenn die Arbeiten erfolgreich verlaufen, steht den Herstellern von MEMS eine völlig neue Prüfmethode zur Verfügung, mit der Fehler bei der Produktion frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können, bevor Millionen von fehlerhaften Bau- teilen produziert worden sind. Dadurch ergibt sich für die Hersteller ein deutlicher Wettbewerbsvorteil.

Projektdetails

Koordination

Dr.Marco Wolfer
POLYTEC GmbH
Polytec-Platz 1-7, 76337Waldbronn
+49 7243 604-1891

Projektvolumen

2,5 Mio € (ca. 50% Förderanteil durch das BMBF)

Projektdauer

01.06.2015 - 31.03.2019

Projektpartner

POLYTEC GmbHWaldbronn
Robert Bosch Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Zentralbereich Forschung und Vorausentwicklung - Mikrosystemtechnik (CR/ARY)Gerlingen
Universität Stuttgart - Fakultät 7 Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik (Maschinenbau) - Institut für Technische OptikStuttgart
Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme (ENAS)Chemnitz
IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme gemeinnützige GmbH (IMMS gGmbH)Ilmenau