Schnelle Vor-Ort-Diagnostik mit Smartphones

Explorative Forschung
29.05.2017
Erstellt von BMBF-Projekt POCEMON / TU Braunschweig

Das Smartphone als Analysegerät zur Identifikation von Krankheitserregern / Nanoantennen als Signalverstärker zur Einzelmoleküldetektion.

Hand mit Handy, auf dem verschiedene Bilder und Diagramme abgebildet sind
Prinzip der Einzelmoleküldetektion mit Hilfe eines modifizierten Smartphones. Die Nanoantennen (grau) dienen der selektiven Signalverstärkung. Im Hotspot zwischen den Nanopartikeln wird die Ziel-DNA gebunden und über einen farbstoffmarkierten Imager-Strang sichtbar gemacht. Das Fluoreszenzsignal des Imager-Strangs im Hotspot wird so stark verstärkt, dass es mit einem durch einen kleinen Anregungslaser und wenige optische Elemente modifizierten Smartphone detektiert werden kann. Auf diese Weise soll eine schnelle Diagnose mit Hilfe eines modifizierten Smartphones direkt vor Ort erhalten werden. Bild: TU Braunschweig

Krankheitserreger an Ort und Stelle schnell und kostengünstig zu identifizieren ist die Vision der molekularen Diagnostik. In vielen Fällen können sie anhand ihrer spezifischen DNA Sequenzen nachgewiesen werden. Da das Signal, welches bei der Erkennung dieser niedrig konzentrierten DNA Sequenzen generiert wird, normalerweise aber sehr gering ist, muss ein großer Aufwand betrieben werden. Dazu werden entweder aufwendige Apparaturen verwendet, welche nur in spezialisierten Laboren zur Verfügung stehen, oder molekulare Vervielfältigungsprozesse werden dazwischengeschaltet. In beiden Fällen ist damit eine Diagnostik vor Ort nicht möglich.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert in den kommenden zwei Jahren das wissenschaftliche Vorprojekt „POCEMON“ (Point-of-Care Diagnostik mit Einzelmolekül-Nachweis), in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Professor Philip Tinnefeld von der Technischen Universität Braunschweig das Problem lösen möchten.

Die Forscherinnen und Forscher der Arbeitsgruppe „NanoBioSciences“ haben Nanoantennen entwickelt, die mit einem physikalischen Verstärkungsmechanismus Einzelmolekülsignale um mehrere Größenordnungen verstärken können. Zusätzlich haben sie die Fähigkeit, Moleküle exakt am Orten der Verstärkung einzufangen.

Auf einer circa 200 Nanometer hohen, aus DNA bestehenden Nanostruktur wurden dazu metallische Nanopartikel so angeordnet, dass in deren Mitte ein sogenannter Hotspot entsteht, in dem durch plasmonische Effekte Fluoreszenzsignale bis zu fünftausendfach verstärkt werden. In diesen Hotspot kann zusätzlich eine Einheit für die molekulare Erkennung integriert werden, so dass nur ein Signal generiert wird, wenn das nachzuweisende Molekül vorhanden ist.

Im Rahmen des Forschungsprojektes „POCEMON“ soll auf Basis dieser Entdeckung demonstriert werden, dass mit Hilfe der Nanoantennen ein einfaches und ubiquitär verfügbares Gerät wie ein leicht angepasstes Smartphone Einzelmolekülempfindlichkeit erreichen und damit für die sensitive Diagnostik genutzt werden kann. Konkret wird ein Testverfahren zum Nachweis Zika-relevanter Nukleinsäuresequenzen entwickelt, das modellhaft die Anwendbarkeit der plasmonischen Signalverstärkung für die Point-of-Care Diagnostik demonstrieren wird.

„Neben Einsparungen im Gesundheitssystem durch günstigere Testverfahren, verringerten Medikamentenbedarf sowie weniger Fehltage wird es zu einer Verbesserung des Patientenwohles führen.“, betont Projektleiterin Birka Lalkens den gesellschaftlichen Nutzen einer einfacheren und schnelleren Diagnostik.

Der globale Markt im Bereich der Molekularen Diagnostik wird im Jahr 2015 mit 6.45 Milliarden US-Dollar geschätzt. Vor allem wird dem Bereich Point-of-Care ein starkes Wachstum vorhergesagt, der insbesondere mit dieser Technologie adressiert werden soll.

Darüber hinaus ist das Projekt eines der ersten, das die revolutionäre DNA Nanotechnologie Bedingungen anspruchsvoller kommerzieller Anwendungen aussetzt. Philip Tinnefeld: „Damit kann zusätzlich ein Technologievorsprung für den Standort Deutschland in dieser Zukunftstechnologie herausgearbeitet werden.“

Kontakt

Prof. Dr. Philip Tinnefeld
TU Braunschweig – Institut für Physikalische & Theoretische Chemie
BRICS – Braunschweig Integrated Center of Systems Biology
LENA – Laboratory for Emerging Nanometrology
Rebenring 56, 38106 Braunschweig
E-Mail: p.tinnefeld(at)tu-braunschweig.de